Fünf Millimeter Pech

Eine etwas abgespeckte Version des Zehnkampfs ist der Hallen-Siebenkampf, bei dem hauptsächlich der Diskus- und der Speerwurf aus naheliegenden Gründen wegfallen. Nicht alle Zehnkämpfer stellen sich mitten in ihrer Saisonvorbereitung dieser Herausforderung, allerdings beflügelt viele von ihnen die durch die Nähe der Zuschauer ganz spezielle Atmosphäre in den Sporthallen. Matti Tewes nahm kürzlich außerhalb der Wertung an den Hamburger und Schleswig-Holsteinischen Meisterschaften in Hamburg teil, nicht zuletzt für eine Standortbestimmung in Richtung seiner geplanten Teilnahme an den Deutschen Mehrkampfmeisterschaften im Sommer.

Dass er gut in Form ist, hatte er vor zwei Wochen durch seine Ergebnisse bei den Landes-Hallenmeisterschaften bewiesen, aber Mehrkämpfe haben eigene Gesetzmäßigkeiten, wie er teilweise schmerzlich in der vergangenen Saison erfahren musste. In Hamburg erwischte er im 60m-Sprint einen eher durchwachsenen Start, denn er konnte seine Bestleistung nur um etwa 4 Hundertstel auf 7,61 Sekunden steigern. Da hatte er eigentlich eine Zehntelsekunde Steigerung eingeplant. Nur drei Versuche stehen den Mehrkämpfern in den technischen Disziplinen zur Verfügung, und diese Tatsache machte dem ambitionierten Talent erneut einen Strich durch die Rechnung: nach vielversprechendem Einspringen produzierte er zwei relativ knapp ungültige Weitsprünge. Um eine gute Leistung zu erreichen kann aber kein „Sicherheitssprung“ helfen, und so setzte er nach entsprechender Anlaufkorrektur alles auf eine Karte und flog mit perfekter Technik klar über seine bisherige Bestleistung von 6,17 Metern hinaus. Allerdings touchierte er beim Absprung um wenige Millimeter die Plastilinmasse auf dem Absprungbalken – statt der erhofften mehr als 600 Punkte wieder keine Wertung! Nun hätte er eigentlich seine Sachen packen können und den Rest des Wochenendes genießen. Er entschied sich jedoch weiterzumachen, denn es folgten ja noch starke Disziplinen. So ging es mit der Kugel weiter, und die 12,65 Meter – neue Hallenbestleistung und 646 Punkte - können sich durchaus sehen lassen. Im den ersten Tag abschließenden Hochsprung bewies er mit klar übersprungenen 1,84 Metern und den denkbar knapp gerissenen 1,88 Metern, dass er fast jederzeit und überall diese beachtliche Höhe im Griff hat: 661 Punkte.

Der zweite Tag brachte ihm in seiner Spezialdisziplin, dem 60m-Hürdensprint, mit erstklassigen 8,57 Sekunden einen klaren Sieg in seinem Zeitlauf. Satte 843 Punkte landeten auf seinem Konto. Er hatte seine Bestleistung damit um lediglich 2 Hundertstelsekunden verfehlt. Bei den Landes-Hallenmeisterschaften waren ihm im Stabhochsprung tolle 3,90 Meter gelungen. Wegen des sehr unterschiedlichen Leistungsvermögens der Mehrkämpfer zieht sich dieser anspruchsvollste Wettbewerb regelmäßig über mehrere Stunden hin. Matti entschied sich für die bisher noch nie gewagte Anfangshöhe von 3,40 Metern, die er auch sofort überwand. Auch die anschließenden 3,60 Meter stellten kein Problem dar. Allerdings erwies sich der Sprungstab dann doch als zu weich, so dass ihm keine weitere Steigerung mehr gelang. Eher magere 509 Punkte erhielt er für diese Höhe, die noch im vergangenen Jahr seine Bestleistung bedeutete. Enorme Überwindung kostet den sehr athletischen Mehrkämpfer der den Zehnkampf abschließende Lauf über 1500 Meter. In der Halle müssen beim Siebenkampf allerdings nur 1000 Meter absolviert werden. So ging er auch über diese ungeliebte Disziplin noch einmal an seine Leistungsgrenze und steigerte seine Bestleistung um knapp zwei Sekunden auf 3:16,55 Minuten. Es spricht nicht für die „Gerechtigkeit“ der aktuell gültigen Mehrkampf-Punktewertung, dass Matti für diese eher bescheidene Leistung mehr Punkte (511) bekam als für die ausgesprochen trainingsintensive Disziplin Stabhochsprung.

Vielfältige neue Erfahrungen konnte er aus diesem Mehrkampf mitnehmen. Mit einer potenziellen Leistung von 6,30 Metern im Weitsprung hätte er über 4500 Punkte gesammelt und sich unter die Top-10 in Deutschland schieben können. Aber ein geflügeltes Wort lautet nun einmal „Hätte, hätte Fahrradkette…“.