Dänemark
1996
Die vollendete Geschichte
Es ist Samstag, der 23.03.- 9.00 Uhr - Mitteleuropäischer Zeit
und wieder macht sich eine kleine Gruppe waghalsiger
Leichtathleten auf in die Tiefe des undurchdringlichen Dänemarks.
Grenzstau, Durcheinander und immer wieder hallt das
furchterregende "Likt an" der dänischen Grenzbeamten
durch die erschreckten Passanten.
Ankunft - Einweisung - Frankfurt verliert 6:0. - SCHADE -. Kaltes
Buffett, weitere wichtige Themen werden diskutiert. BSE - Gut das
der erste erkrankte Mensch Kreuzfeld, mit Vornamen Jakob hieß
und nicht Sören Löger Rögelsen, denn wer sollte sich das
merken stellt man pinkernibel fest. Es wird Nacht.
Es ist Sonntag, der 24.03.. Müde, aber guten Willens verlassen
wir unsere Ferienhäuser. Seinen inneren Schweinehund überwinden,
zu unmenschlichen Zeiten trainieren, das ist Dänemark. Es ist
10.00 Uhr. Trimm-Trab ins Grüne, laufen in elegantem Stil, Uli
ist am Ruder. - Mittagspause -.
Soltaus größte Mittelstreckenhoffnung durchlebt in der
Mittagszeit eine kurze Midlifecrisis, wird von seinen
Trainingskameraden immer wieder in die harte Wirklichkeit dieser
Erde zurückgeholt. Unterdessen bereitet sich der Rest mental auf
den Nachmittag vor.
15.30 Uhr Training. Bademeister Lindemann schreitet mit seinen
talentiertesten Athleten Povel und Rathje zum Wasserballett, während
selbst Speerwerferinnen und Techniker beim Fahrtspiel zum Tier
werden.
Dann abendliche Idylle im Schwimmbad. Ausgewachsene Menschen
werden beobachtet wie man sich köstlich amüsiert, ob man nun
ein, zwei oder 3 Balken mit einem Ballwurf gleichzeitig treffen
kann, oder unter dem Spott der Mitschwimmer ein Luftloch wirft.
Es wird Nacht.
Es ist Montag, der 25.03. Erste Bestandsaufnahme: Halsschmerzen,
müde Gesichter, Oberkörpermuskelkater bei nicht austrainierten
Mittelstrecklern. Es geht zum Strand. Sonnenschein, eine singende
Lerche am Himmel und im Hintergrund immer wieder der idyllische
Klang von Artillerie und Maschinengewehren. Munster Nord - ANDRE-
wir grüßen Dich. Am Strand: Athletische, elegante, geradezu
graziöse Sprinter werden jäh unterbrochen von 4 Knüpplern, die
versuchen sich mit den unterschiedlichsten Mitteln zu schlagen.
Erinnerungen werden wach an schlechte Zeiten der Deutschen
Leichtathletik, denn überall gibt es Ihn, den Eckehard Rüther
des kleinen Vereins.
Mittagspause. Liegestühle, sonnenhungrige Leute mit dunklen
Sonnenbrillen baden in der Wärme und werden jäh unterbrochen
vom markdurchdringenden Schrei Udo Lohmeyers.
Es wird Nachmittag. Bemitleidend, traurig, erschüttert oder
geradezu erzürnt absolvieren unschuldige Passanten ihren
Nachmittags-, Urlaubsspaziergang. Fassungslos blicken sie in die
gequälten Gesichter der Menschen, die sich in Ulis
Freiluftfolterkammer plagen müssen. Selbst auf Bänken
gefesselte Aktive müssen sie mit ansehen. Realität - Betrug -
oder vielleicht doch alles nur gestellt??? Es wird Nacht.
Es ist Dienstag, der 26.03. Und wieder bricht der Morgen für
alle viel zu früh an. Schlaftrunken quält man sich zum
Morgenapell. Es ist kalt, es ist windig und warum überhaupt
sollen wir unsere müden Glieder jetzt schon wieder bewegen.
Einlaufen, Koordination -schon wieder- und alles tut weh.
Steigerungen, Hürden, auslaufen. Es wird Mittag.
15.30 Uhr. Verstecken gilt nicht. Es sind ja nur 8 x 300m, da
hilft auch gegenseitiges Bedauern nichts. 16.00 Uhr. Die Sonne
lacht, Rückenwind, es geht bergab und alle geben sich einen
300er nach dem anderen mitten ins Gesicht - zum Glück nicht aus
dem Gesicht, aber Andre ist ja auch beim Wasserballett.
Gegenseitige Anfeuerungen, moralische Unterstützungen in den
Gehpausen und alle halten durch. "Sind schon toll die
Soltauer Leichtathleten". Raketen-Mario zischt in 38,7
Sekunden an uns vorbei. Gedopt, einfach nur schnell, oder wieder
mal alles Betrug???
Es wird Nacht.
Es ist Mittwoch, der 27.03. Strahlender Sonnenschein und blauer
Himmel lachen uns ins Gesicht und lenken von den Problemen des
Morgens ab. Verstopfte Toiletten, endlos frühstückende
Mitbewohner und wie immer Aua - überall Aua -, wonach man seinen
Körper auch fragt und zu allem überfluß auch noch
Sprungkrafttraining. Aber wenigstens ist es ein ökologisch geprägtes
Training. Tolle Übungen, wie: Eine Insel, sowie eingesprungene
Pinguine und Panther. Dann geht's zum Strand. Durch weiß
gekleidete, mit Stöcken bewaffnete Ninja-Kämpfer kämpfen sich
die Roten zum Strand, zeigen im Schein der Sonne ihren stahlgehärteten
Oberkörper und schrecken den Gegner zurück.
Freier Nachmittag, - ENDLICH -. Dösen, Strandspaziergang,
Einkaufsbummel, oder Besichtigungstour. Gut das es MC Donald's
gibt. Auch andere verstopfte Probleme finden im Laufe des
Nachmittags ihre Lösung. Vielen Dank Kloman. Fuáball Länderspiel:
Deutschland schlägt Dänemark 2:0, na toll und wo kriegen wir
jetzt Morgen unsere Brötchen her.
Es wird Nacht.
Es ist Donnerstag, der 28.03. Weckzeit. Wir glauben unseren Augen
nicht zu trauen. Es hat geschneit. Training ist trotzdem, wir
sind ja nicht aus Zucker. 20 x 100m, oder warens doch 120m? 5
haben wir schon geschafft, jetzt sinds nur noch 10, nur noch 5, -
na toll, die Mittelstreckler gehen schon zum Duschen, Kondition müßte
man haben -. Nur noch 3, Tempo langsam steigern und den letzten
noch einmal Vollgas. Geschafft. Den Schnee abschütteln, im
Schwimmbad relaxen, Wasserball jung gegen alt. Ausgeglichenes
Spiel. Mittagsruhe.
Nachmittagstraining. Ein wenig Krafttraining, Stabilisation und
Liegestütz. Alles schnell vorbei. Gedanken an die letzte Nacht
werden noch einmal frei. 0.00 Uhr Bankdrücken, Rekorde fallen.
Tanzeinlagen, einige schlafen, oder vielleicht doch nicht. Zur
Not gibt es ja auch noch höhenverstellbare Solarien, die durch
quietschen ihre Einsatzbereitschaft signalisieren. Irgendwie muß
man sich ja Freunde schaffen. Pfannkuchen essen, Karten spielen,
Terminbesprechung. Eine unwirkliche Ruhe liegt über uns. Realität,
Betrug, oder vielleicht doch nur wieder einmal die Trainer getäuscht???
Es wird Nacht.
Es ist Freitag der 29.03. Nach einer kurzen Nacht mit Bankdrücken,
irgendwo ausgegrabenen Tischfeuerwerken und in
der nächtlichen Ruhe belästigten Trainern beginnt unser letzter
Trainingstag. Lockerer Aufgalopp, ein wenig Koordination und
Krafttraining mehr ist nicht drin. Selbst unsere Mittelstreckler
sind völlig platt, nur Thorsten dreht noch seine Hürdenrunden.
Reservierte Zurückhaltung bei allen Aktiven, ein letztes nicht
ernst gemeintes Betteln um Gnade, aber irgendwie hat schon jetzt
jeder das Nachmittagstraining im Hinterkopf.
Mittagspause.
15.30 Uhr. - Endlosstaffel -. Einlaufen, Streckenbegehung,
Mannschaftseinteilung. Nervöses Durcheinander am Start, jetzt
bloß keinen Fehler machen.
Startschuß und ab geht's mit Volldampf. Jeder hat seine Art sich
den besten Platz zu sichern. Vollgas laufen, abkürzen oder
einfach Mal den Gegner zu Fall bringen. Letzter Wechsel -
geschafft -, regungslos sinkt man ins Gras. Keiner verletzt,
keiner muß sich übergeben und alle haben irgendwie gewonnen.
Tortellinis zum Abendbrot und dann folgt der Abschlußabend.
Kurze Ansprache des Trainers, ein paar überflüssige Dankesworte
und dann gehts zum lustigen Teil. Geld oder Liebe.
Pantomime, die Tischnummer, anbaggern seines Partners.
Hoffnungslos, Henne und Kerstin stellen alle anderen in den
Schatten. Traumpaar mit Zukunft?
Dann gehts ins Schwimmbad. Wer wird der Mann O Mann 1996. Die
ersten versagen schon bei der Vorstellung kläglich und gehen
baden, beim anbaggern gehts anderen ähnlich. Den kleinen Bruder
zu überreden fällt bei Christian und Matze alles andere als
leicht, da nimmt man es auch schon einmal in Kauf den Fernseher
in den Garten zu tragen. Posen machen. Einige machen aus ihrem
kaum vorhandenen Körper viel, andere aus viel eher wenig. Andre
gewinnt und nichts war gestellt oder abgesprochen. Gemütlicher
Ausklang in den Häusern. Es wird Nacht.
Es ist Samstag der 30.03.. Ein letztes Mal Frühstück, Häuser
reinigen und Sachen packen. Alle fassen mit an und sind
erstaunlich schnell fertig. Ein klein wenig Wehmut bei der
Abreise und doch jede Menge Hoffnung auf eine anstehende ruhige
Nacht begleiten uns. Die Fahrt läuft wie geschmiert und bereits
um 14.00 Uhr trifft jene Gruppe waghalsiger Leichtathleten, die
man hier vor einer Woche so hoffnungsvoll verabschiedet hatte
wieder in Soltau ein. Auspacken, Geräte wegräumen, Abschied und
wahrscheinlich wirds auch heute wieder Nacht in Dänemark.