DM-Quali nach hartem Kampf
Silbernes Wochenende für Matti Tewes
Der erste Versuch, die Qualifikationsnorm für die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften der Klasse U16 zu schaffen, war in Edemissen äußerst knapp mit einem Punkt gescheitert. Und so waren die Landesmeisterschaften Niedersachsens in Bad Harzburg die vorerst letzte Gelegenheit, die gute Form der vergangenen Wochen in die begehrten 4.900 Punkte umzumünzen. Bei warmen Temperaturen und mit entsprechend motivierenden Gegnern deutete zunächst auch alles auf ein Gelingen dieses Vorhabens hin. Am ersten Tag galt es zunächst, im klassischen Vierkampf eine gute Ausgangsposition für den Neunkampf zu schaffen, was dem ehrgeizigen MTVer mit der neuen persönlichen Bestleistung von 2.305 Punkten und dem zweiten Rang hinter dem Favoriten Marcel Meyer (TK zu Hannover) auch gelang. Seine Einzelleistungen: Kugelstoßen 13,81 Meter, Weitsprung 5,36 Meter, Hochsprung 1,72 Meter und 100m-Lauf in 12,23 Sekunden. Vor allem im Weitsprung büßte er jedoch viele Punkte ein, denn kürzlich war er bereits 5,96 Meter weit gesprungen. Sein Konkurrent hatte sich am Ende des Tages mit 2.446 Punkten bereits deutlich absetzen können und keinen Zweifel daran zugelassen, dass der Kampf um Titel und Norm nur über ihn gehen würde. Auch mehrere weitere gute Mehrkämpfer lagen mit 2.302, 2.282 und 2.269 Punkten aussichtsreich in Lauerstellung.
So musste der zweite Tag mit Matti‘s Stärken Hürdensprint, Diskus- und Speerwerfen die Entscheidung bringen. Während am ersten Tag die Leistungen im Sprint und im Weitsprung noch durch Gegenwind beeinträchtigt waren, wehte am Vormittag ein leichter Rückenwind. Da man unverständlicherweise nicht die stärksten Hürdenläufer in einem Vorlauf gegeneinander laufen ließ, konnte sich Matti ganz auf sich selbst konzentrieren. Das tat er dann auch mit einem furiosen Start-Ziel-Sieg und neuer persönlicher Bestleistung in 11,25 Sekunden. Der Grundstein zu einer Aufholjagd auf den Titel war gelegt, aber auch der Hannoveraner erwischte einen perfekten Lauf mit 11,14 Sekunden, womit er seine Führung noch weiter ausbauen konnte. Diese Zeiten brachten für Beide die Qualifikationsnorm für die Deutschen Einzelmeisterschaften und Spitzenränge in der aktuellen Deutschen Bestenliste.
Nun kam aber der „Scharfrichter“ unter den Mehrkampfdisziplinen, denn die Umstellung vom Hürdensprint zu dem motorisch hoch anspruchsvollen Diskuswerfen hat schon manchen aussichtsreichen Mehrkämpfer scheitern lassen. Matti legte zwar beim Einwerfen einen recht erfolgversprechenden Versuch hin, den sein Konkurrent prompt deutlich toppte, der Wettkampf selbst lieferte dann aber Dramatik pur. Die meisten Werfer schienen ihre Technik „vergessen“ zu haben und produzierten Fehlwürfe und „Krücken“ en Masse. Leider auch Matti, denn der Sicherheitswurf zu Beginn landete schon bei 29,07 Metern – seine Bestleistung liegt über dreizehn Meter darüber! - , der zweite Wurf ging rechts aus dem Wurfsektor, und der letzte flog zwar deutlich über die 40m-Marke, landete jedoch ebenfalls im Aus. Unbeeindruckt hatte der Favorit einen blitzsauberen Wurf auf 45,35 Meter gezeigt und sich damit fast uneinholbar in Richtung Titel verabschiedet. Matti konnte immerhin den zweiten Rang, allerdings nur knapp vor den Verfolgern, behaupten.
Die Kunst in solchen Situationen besteht nun darin, das schlechte Ergebnis abzuhaken und sich auf den folgenden Wettbewerb zu konzentrieren. Im Stabhochsprung hatte der MTVer in den letzten Wettkämpfen eine deutliche Verbesserung zum Vorjahr erkennen gelassen, und entsprechend motiviert ging er nun zur Sache. Sprung für Sprung gewann er immer mehr Sicherheit und erzielte mit neuer Bestleistung von 3,20 Metern die zweitbeste Höhe aller Teilnehmer. Als alle Konkurrenten bereits ihren Wettkampf beendet hatten, stieg der Führende erst in den Wettbewerb ein und steigerte sich auf die auch national erstklassige Höhe von 4 Metern. Damit hatte er sich endgültig auch in Richtung neuer Landesrekord vom Feld abgesetzt, zumal er auch als sehr guter 1000m-Läufer bekannt war.
Im vorletzten Wettbewerb, dem Speerwerfen, musste aber auch er erkennen, dass noch viel Trainingsfleiß für eine absolute Spitzenleistung notwendig ist, denn er legte eher schwache 35,31 Meter vor. Nun schlug aber Matti’s Stunde. Der „Flow“ nach dem Hürdensprint und dem Stabhochsprung bewirkte, dass sein Wurfgerät fast fünf Meter weiter flog als das des nächstbesten Werfers. Erstmals in seiner Karriere segelte der Speer über die 50m-Marke. Die Weite von 50,34 Metern brachte ihm 641 Punkte und wieder einen knappen Vorsprung auf die nachfolgenden Konkurrenten, sodass nun fieberhaftes Rechnen einsetzte, wie schnell der abschließende, von allen Mehrkämpfern gehasste 1000m-Lauf absolviert werden musste, um noch die begehrte DM-Norm und den Silberrang zu erreichen. Die Rechnung für Matti ergab 3:28 Minuten, seine Bestzeit aus dem Vorjahr stand bei 3:18,90 Minuten und hätte eigentlich die Erreichung des Ziels bedeutet. Berücksichtigt man jedoch, dass der zweitägige Wettkampf mit seinen Höhen und Tiefen viel Kraft gekostet hatte, dass die Luft über der roten Kunststoffbahn bei nahezu 30 Grad Celsius regelrecht flimmerte, und dass einige Konkurrenten, die jetzt noch knapp hinter Matti lagen, als bessere Läufer bekannt waren, schien die Norm zwar noch erreichbar, der Silberrang zum Abschluss jedoch eher fraglich. Und so musste Matti von Beginn an alles geben. Vorne ging buchstäblich „die Post ab“ und es wurden Zeiten von 2:53 und 2:59 abgeliefert. Matti’s verzweifelter Kampf mit einem die letzten Kräfte erfordernden Schlussspurt brachten schließlich die Entscheidung: mit 16 Punkten Vorsprung vor dem Nächsten hatte er die Silbermedaille erkämpft, mit 5.056 Punkten den Bezirksrekord gebrochen und – das war das Allerwichtigste – die DM-Norm erfüllt.
In den kommenden Wochen stehen nun Regeneration in einem kurzen Urlaub und ein Neuaufbau der Form in Richtung der Deutschen Meisterschaften auf dem Plan. Die Motivation ist hoch, die Gesundheit stimmt, und so darf man auf die Ergebnisse bei den Saisonhöhepunkten in der zweiten Saisonhälfte sehr gespannt sein.