Frankreichfahrt 17.10.-23.10.2003

Es ist Freitag, der 17.10.2003.

Der Morgen graut, eisige Kälte umgibt den Soltauer Therme-Parkplatz. Aus allen Richtungen kommen PKWs herbei, Eltern laden ihre Kinder aus, schicken sie in einen großen Bus und verschwinden wieder. Was bewegt diese Menschen, wohin geht ihre Reise, was werden sie erleben? Fragen über Fragen türmen sich auf. 7.29 Uhr, der Bus fährt ab. Kurze Begrüßung, Erklärungen der Verantwortlichen. Der erste Teil der Reise verläuft ruhig, Mister Bean verkürzt die Zeit. Doch plötzlich verlässt der Fahrer die Strecke und biegt von der Autobahn ab. Kurviges, bergiges, unwegsames Gelände entlang der Marne steht uns bevor, mit üblen Folgen für einige, die mit dem Essen kaum an sich halten können. Auch Andreas findet Freude am Kreisverkehr und definiert das Karussell fahren mit dem Bus als neue Disziplin. Etwas verspätet, aber gesund und munter erreichen wir Laon. Ein großes Aufgebot des FC Laon, Bürgermeister, Clubpräsident, und und und begrüßen die Abenteurer vom MTV Soltau. Offizielle Worte hier, offizielle Worte da, ein tolles kaltes Büffet mit dem typisch französischen Weißbrot, Kuchen und natürlich Frommage und schon geht die Fahrt weiter. Ab zum Quartier im Parc de l’Ailette. Betten beziehen und ein paar mahnende Worte der Verantwortlichen. Bald ist Bettruhe, dann wird’s Nacht; eine kalte Nacht in Frankreich, wie sich später zeigen wird. 

Es ist Samstag, der 18.10.2003 

Viele sind früh wach. Es ist bitterkalt. Eiszapfen an den Fenstern, aber auch deutliche Zeichen von Erfrierungen bei den Aktiven. Eine warme Dusche, heißer Kakao zum Frühstück und die Stimmung steigt. Freier Vormittag, einige erkunden die Umgebung, andere spielen Doppelkopf, Bonanza, Fußball oder gehen laufen. Mittagessen. Es gibt Schweinefleisch, Kartoffeln, Salat und Frommage. Sachen packen und los geht’s in unsere Partnerstadt Laon. Stadtführung von und mit Madame Chantal, wir erfahren Interessantes aus der Geschichte Laon. Erste kurze Streckenbesichtigung und Einstimmung auf den morgigen Wettkampf. Schnell ist es 16.00 Uhr. Wir treffen uns mit einer Fußball-Schulmannschaft aus Laon. Zu allem Übel wollen die auch noch gegen uns Leichtathleten und Hockeyspieler Fußball spielen. Aber nachdem wir die Kälte der letzten Nacht überstanden haben, schreckt uns auch das nicht ab. Wir arbeiten unsere Taktik aus, frei nach dem Motto „Gar keine Taktik ist besser als eine schlechte Taktik“, also lassen wir es einfach. Schließlich haben wir ja auch noch unsere Fans an der Seite, die sind besser als der 6. Mann. Wir schlagen uns bravourös und gewinnen 6:2, dank mannschaftlicher Geschlossenheit und weiblichen Spielern, die zeigen, warum Deutschland Fußballweltmeister wurde. Abpfiff. Pause. Jetzt bewegen sich auch die Fans. Man spielt Bounceball, Fußball, oder nimmt einen Hockeygrundkurs. Dann wieder Fußball. Wir verlieren 1:2, schließlich wollen wir ja keine schlechten Gäste sein. Geschenke hier, Geschenke da, Kuchen, Saft und Unterhaltungen zum Abschluss. Einladungen zu einem Gegenbesuch in Soltau werden ausgesprochen. Wir verabschieden uns und hoffen auf ein Wiedersehen. Durchgeschwitzt und triefend fahren wir zum Abendbrot. Es gibt Gurkensalat, Gulasch vom ... (Andreas möchte es eigentlich auch gar nicht wissen), Gemüse und Caramelpudding, der vor allem Benjamin zu schmecken scheint. Duschen und dann heißt es französisches, englisches und deutsches Liedgut einzustudieren. Sur le Pont, Wind of Change, auf der Lüneburger Heide und Hermann Löns. 60 Minuten proben und schon sind wir reif für die Bühne, fast auf jeden Fall. Karten spielen, ein bisschen Smalltalk, Bettruhe, dann wird’s Nacht.

Es ist Sonntag, der 19.10.2003 

Wettkampftag. Irgendwie liegt heute so ein  besonderes Knistern über dem Haus, aber irgendwie ist es heute Morgen auch besonders ruhig. Sicherlich sind alle bereits in der Konzentrationsphase auf den Wettkampf. Aber schwer getäuscht, eigentlich befindet sich nur Knut im Tiefschlaf und hat versäumt seiner Weckpflicht nachzugehen. Frühstück und Vorbereitung auf die Stunde „X“. Einige laufen, andere spielen Karten, einige suchen einfach nur nach Ausreden um nicht mitlaufen zu müssen, scheitern aber kläglich bei den Trainern. Mittagessen. Reis mit Garnelen, Hähnchen, Kuchen und zur Überraschung Frommage. Abfahrt. Die Nervosität erreicht ihren Höhepunkt. Startnummernausgabe, alles läuft typisch französisch und in aller Ruhe und Herzlichkeit ab.

Dann ist es soweit. 14.20 Uhr, der erste Startschuss fällt. 1100m gilt es für 6 Soltauer zu bewältigen, alle schlagen sich gut. Für viele ist es eine Premiere. Zweiter Lauf, unsere Hoffnungen stehen am Start und erfüllen ihre Aufgaben. Rang 2 und 3 für Nadine und Lea bei den Mädchen, Rang 4 für Joost bei den Jungen. Die Mädchen gewinnen gemeinsam mit Silvia auch den Mannschaftspokal. Dritter Lauf, 500m, nicht alle Hoffnungen erfüllen sich und so lässt Sören die deutsche Fahne auch bis zum nächsten Jahr noch in Frankreich. Vierter Lauf, Moni rettet Soltaus Ehre und gewinnt über 500m. Julia und Anna schlagen sich prächtig. Fünfter Lauf. Merle präsentiert sich in glänzender Form und wird dritte in der Frauenklasse über 3300m. Vielen Dank auch an den Merle Fan-Club. Sechster Lauf. Die jüngsten sind an der Reihe, erst die Jungen, dann die Mädchen, alle erfüllen ihr Soll und kommen trotz internationaler Härten unverletzt ins Ziel. Annika erhält den Pokal als jüngste weibliche Teilnehmerin überreicht. Anschließend Siegerehrung im Rathaus und sprachlicher Austausch mit den Aktiven vom FC Laon. Ein bisschen französisch, ein wenig englisch, aber es passt schon. Abschließend als Höhepunkt der Empfang durch die Stadt Laon. Der Bürgermeister, Philippe Mozine vom Rat der Stadt Laon, Marc Beauvillon als Vorsitzender des F.C. Laon und einige mehr geben sich die Ehre. Das kalte Büffet haben wir uns heute wirklich verdient. Dann folgt der erste Auftritt des Hockey-Leichtathletik-Shanty-Chores aus Soltau unter der Leitung und Choreographie von Andreas Winkler, der, obwohl anfänglich ein wenig verstimmt, eine gute Uraufführung gibt. Rückfahrt ins Quartier. Heute Abend wird es ein wenig später. Wir spielen Kartenkloppe oder Mayern. Dann wird’s Nacht.

Es ist Montag, der 20.10.2003.

Wenn man es genau nimmt müsste man den Bericht um 0.30 Uhr beginnen, denn die Hartgesottenen der vergangenen Nacht trieben sich ja um diese Zeit noch lärmend in den Gängen herum, aber so genau wollen wir dann ja doch nicht sein und setzten die Story um 07.00 Uhr fort. Genau zu diesem Zeitpunkt trieb es erste Wagemutige zum Frühschwimmen zum eisigen Wasser des Sees L’Ailette. Leider ist es mir verborgen geblieben, wie viele männliche und wie viele weibliche Teilnehmer sich dort tummelten und ob sich die Zahl der weiblichen Teilnehmer durch das kalte Wasser eventuell vermehrt hatte. Nur soviel steht fest: Knut war dabei, allerdings nur bis zum Rande des Sees. Frühstück, andächtige Stimmung bei Kerzenschein, Knut hat Geburtstag, ein Ständchen der Gruppe beim Erscheinen, dann geht’s leicht verspätet ab nach Epernay. Wir wählen eine interessante, wunderbar kurvige Strecke aus, die einigen ganz schön auf den Magen schlägt. Hauptsache Andreas hatte seinen Spaß. Spätestens bei der Besichtigung der Sekt-, Entschuldigung natürlich der Champagnerkellerei ist alle Übelkeit vergessen. Trotz seiner erst kurzen Karriere als Gitarrensolist schaut Andi sich bereits nach neuen Berufen um. Weinkoster oder Stapelgabelfahrer stehen ganz oben auf seiner Wunschliste. Eine perfekte Führung auf Deutsch, der Grenzöffnung sei Dank, schließt sich an. Ein Glas Champagner für alle hebt die Stimmung und der gleichnamige Champagner-Joost fühlt sich heimisch. Empfang durch den Bürgermeister im Hotel de Ville und auch hier wieder ein Glas Champagner, Knut lässt sich seinen Geburtstag schon was kosten, aber bei 200 Millionen Flaschen Champagner in einem Ort, wird ja für ein paar Bedürftige wohl etwas über sein und singen mussten wir dafür schließlich ja auch noch. Kleines Picknick für viel Geld und schon geht’s weiter nach Reims, Besichtigung der Cathedrale und im Anschluss das immergleiche Problem der Deutschen. Die Suche nach Toiletten, günstiger Coca-Cola und Mc Donald’s Restaurants. Rückfahrt, ein kleiner Besuch im Laoner Einkaufszentrum, Preisvergleiche mit deutschem Niveau und schon ist auch diese Tour beendet. Die Zeit bis zum Abendbrot vertreiben sich die meisten mit Volleyball spielen. Helma, Jupp, Annika und Rudi werden heute von Jacques zum Abendbrot abgeholt. Es gibt ein brilliantes 4-Gänge Menü, weitere Details sollen hier erspart bleiben. Auch die Gruppe bekommt Abendbrot, zur Überraschung aller gibt es Hühnchen, Andreas auf jeden Fall hat es geschmeckt. Außer dass sich Martina den Zeh an der Bettkante bricht oder verstaucht passiert sonst nichts Nennenswertes. Dann wird’s Nacht. 

Es ist Dienstag, der 21.10.2003

Eine große Fahrt steht bevor, so werden wir heute frecher Weise noch einmal 15 Minuten früher geweckt. Ein kurzes Frühstück und schon geht’s ab nach Paris. Philippe Mozine begleitet uns und Dank der tadellosen Führung fahren wir schon nach kurzer Zeit unser erstes Ziel, die Sacre Coeur an. Die ersten etlicher heute noch folgender Treppenstufen stehen uns bevor. Kirchenbesichtigung, Einblick in eine französische Messe, und ein Gang ins Künstlerviertel Montmartre schließen sich an. Scherenschnitte, Karikaturen und Portraits werden interessiert aufgenommen. Auch die Klogebühren erreichen mit 41 Cent ihren Höhepunkt. Die Fahrt geht weiter. Auf der Suche nach einem Parkplatz für das Picknick stellt sich die Frage, ob in Paris alle Motorradfahrer Selbstmord gefährdet sind, aber vielleicht ist das ja Grundvoraussetzung um mit dieser Verkehrsführung klar zu kommen. Picknick, heute Mittag reichlich und gut schmeckend. Weiter geht’s, Stadtrundfahrt vorbei am Louvre, Arc de Triomphe, Obelisque, Hotel de Ville, Invalidendom und vieles mehr, Endstation Eifelturm. Wieder türmen sich unzählige Treppenstufen vor uns auf, aber die Ansicht entschädigt. Um 17.30 Uhr ist Treffen, bis auf Nadine und Anna sind alle da, vielleicht hätte denen doch mal einer sagen sollen, wie rum man so einen Stadtplan hält und dass der Neuenkirchener Stadtplan nicht auf alle Großstädte der Welt übertragbar ist. Nach langen 5 Minuten treffen aber auch sie ein. Rückfahrt durch den Pariser Feierabendverkehr. Alles klappt prima. Abendbrot und was für eines. Es gibt Nudeln mit Rouladen, kein Hühnchen, aber Frommage, wenn’s doch bloß nicht so laut gewesen wäre beim Essen. Karten spielen, ein wenig Indoor Volleyball und es wird Nacht.  

Es ist Mittwoch, der 22.10.2003 

Frühstück, heute endlich einmal ein wenig später. Heute gilt es Eindrücke der französisch-deutschen Geschichte zu sammeln, die ja in diesem Landstück alles andere als positiv sind. Jacques Barjonett und Stephanie Proisy begleiten uns. Unsere Rundtour beginnt im Schulmuseum Chevregny, wo wir von Jacques Familie empfangen werden. Wir erfahren aus welchem nicht gerade positiven Denken heraus diese Schulform entstanden ist. Anschließend nutzen wir die Möglichkeit zu einer Sitz- und Schreibprobe im original und mit viel Liebe nachgebauten Klassenzimmer des Museums. Dabei fällt das gerade Sitzen und Schreiben mit Feder und Tinte nicht allen ganz leicht. Annelen schreibt ihren Frust heraus und bemängelt die französische Küche. Weiter geht’s zum deutschen Soldatenfriedhof Fort de Malmaison. Hier liegen über 11000 deutsche Gefallene des ersten Weltkrieges. Andächtig gehen wir an den bestens gepflegten Gräbern vorbei, schauen auf Namen und Alter der meist jungen Gefallenen. Hier erhalten wir einen echten Eindruck, was sich im ersten Weltkrieg Erschütterndes und Nutzloses abgespielt hat. Weiter geht es zur Drachenhöhle Grotte du Dragone. Die Führung besteht aus einem Film in deutscher Sprache, einer engagierten in gebrochenem Deutsch dargestellten Geschichte mit Rundgang durch die Gänge der Grotte und französischem Liedgut. Picknick am Kloster Vauclaire , mit anschließender Führung durch die Ruinen und den Kräutergarten. Tabakdieben wird rechtzeitig vorgebeugt, denn allzu viele Raucher gibt es ja nicht auf die man achten muss. Da kann man mal sehen, wie arm Rauchen machen muss, dass man zu solchen Mitteln greift. Der Rest des Nachmittags ist zur freien Verfügung. Volleyball, laufen, puzzeln, einige sehen anscheinend zu viel Fernsehen und fahren auf dem Hausflur einen ominösen unsichtbaren Bob. Alles wirkt aber noch nicht so ganz ausgewogen, was an der Besetzung des Position des Bremsers und Lenkers liegen könnte. Andere laufen auch noch eine Runde mit Nadine, natürlich hat sie auch dieses Mal wieder die Neuenkirchener Karte eingepackt und so wird der Lauf länger als erwartet. Auch die meisten anderen gestalten ihren Nachmittag sportlich, spielen Volleyball, Fußball, letzte wirklich Mutige gehen noch einmal schwimmen.

Abendbrot. Heute haben wir eingeladen. Typisch französisch treffen die Gäste rund eine halbe Stunde später ein. Aber wir sind ja selber Schuld, wir hätten sie ja auf Grund der bekannten französischen Pünktlichkeit einfach eine halbe Stunde früher einbestellen können. Abendbrot Linsensuppe mit Würstchen, Frommage und Apfelmus. Um 22.00 Uhr gehen auch die letzten Gäste, schließlich müssen sie ja morgen wieder arbeiten. Wir treffen uns zur Abschlussbesprechung. Wenig Kritik, einige Verbesserungsvorschläge für das nächste Mal. Viele wünschen sich einmal Paris und den Eifelturm bei Nacht. Andere Vorschläge werden begründet zurück gewiesen. Gemeinsam wird gesungen, für 0.00 Uhr ist Bettruhe angesagt. Natürlich klappt das nicht. Um ca. 02.00 Uhr hat man aber doch alle wieder beisammen, der Zimmerservice für den nächsten Morgen ist festgelegt und so gehen wir beruhigt schlafen. Dann wird’s Nacht. 

Es ist Donnerstag, der 23.10.2003 

Wie immer heißt es um 07.30 Uhr aufstehen. Ein letztes Mal gemeinsam frühstücken und dann heißt es Sachen packen und fertig machen für die Rückreise nach Deutschland. 09.50 Uhr, alles ist bereits 10 Minuten früher fertig. Wir verabschieden uns, los geht die Fahrt. Ein letzter Stop in Laon, ein wenig einkaufen und weiter geht die Fahrt nach Chauny. Hier haben wir einen letzten Termin. Wir besichtigen die Firma unseres Freundes Remi Dazin. Die Firma Unidel. Hier werden Probepackungen für Kosmetikfirmen, Cremes und Parfüms verpackt. Alle bekommen ein schickes Mützchen aufgesetzt, aber nicht alle sehen damit wirklich richtig gut aus. Dann geht’s auf die andere Straßenseite. Hier werden Schrauben, Muttern oder Stahlteile aus extrem harten Materialien gefräst und gedreht. Dann heißt es auch hier Abschied nehmen. Los geht’s Richtung Soltau. Wir bringen noch unseren Reisebegleiter Philippe Mozine nach Venlo nahe der holländischen Grenze, setzten Simon in der Nähe von Duisburg ab, wo er von seinen Eltern erwartet wird. In den frühen Morgenstunden des 24.10.2003 erreichen wir Soltau und vermutlich wird’s auch heute wieder Nacht in Frankreich.

Geschrieben und verfasst von Rudi Mayer.