Angelika Anton wird Weltmeisterin 

Die Krönung ihrer bereits überaus stolzen internationalen Erfolgsbilanz gelang der Munsteranerin Angelika Anton (MTV Soltau) bei den Masters-Weltmeisterschaften der Leichtathleten über 40 (Männer) bzw. über 35 Jahre (Frauen) in San Juan / Porto Rico mit dem Titelgewinn im Speerwerfen. Der Reihe nach: viele kleinere Verletzungen und schließlich zwei Fußoperationen im vergangenen Jahr ließen das für 2003 geplante Saisonziel, Medaillen bei der WM zu gewinnen, immer wieder in weite Ferne rücken. Vor allem mit eiserner Trainingsdisziplin und dem unbedingten Willen, nach dem WM-Titel 1999 im Werfer-Fünfkampf endlich auch einmal einen Einzeltitel - möglichst in ihrer Spezialdisziplin, dem Speerwerfen - zu gewinnen, schaffte sie nun endlich den ganz großen Erfolg: in einem durch sintflutartige Regenfälle und Sturmböen eigentlich irregulären Wettkampf distanzierte sie die allerdings in diesem Jahr nicht so starke internationale Konkurrenz mit feinen 42,82 m um mehr als 4 Meter und konnte endlich die ersehnte Goldmedaille in ihrer Spezialdisziplin erringen.

Der Auftakt dieser WM war nach 9-stündigem Flug und nach nur drei Tagen relativ kurzer Akklimatisation durchaus nicht erfolgversprechend verlaufen, denn in den Einzelwettbewerben Hammerwerfen (5. mit 38,20 m) und Kugelstoßen (4. mit 11,92 m) war sie noch deutlich unter ihren Jahresbestleistungen geblieben. Der Trainingsschwerpunkt war im Frühjahr auf den ungeliebten Diskuswurf gesetzt worden, denn nach Meinung ihres Trainers und Ehemannes hat sie dort noch ein großes Potenzial. Und was sie selbst nicht für möglich gehalten hatte (Zitat: „Das lerne ich nie !!!“), die vielen Vorübungen und Trainingswürfe trugen endlich Früchte: im Einzelwettbewerb, in den sie sich erstmals bei internationalen Meisterschaften getraut hatte, explodierte sie förmlich und steigerte ihre bisherige Bestleistung um fast 2 m auf sehr gute 38,60 m, was ihr den unerwarteten 5. Platz unter den im Schnitt 10-20 kg schwereren Spezialistinnen und viel anerkennendes Schulterklopfen einbrachte.

Aber es stand ja noch der aus den Disziplinen Hammer, Kugel, Diskus, Speer und dem Gewichtwerfen (9,08 kg) bestehende Werfer-Fünfkampf am vorletzten Wettkampftag an. Hier durchlebte das Ehepaar alle Höhen und Tiefen des Mehrkampfes. Nicht nur die Tatsache, dass der internationale Verband die Wertungstabellen kurz vorher zu Ungunsten des Speerwerfens und mit deutlicher Aufwertung des Diskus-, Hammer- und Gewichtwerfens verändert hatte, ließ ihre Chancen auf eine Medaille fast auf Null sinken. Früh morgens um 8 Uhr „versiebte“ sie vollkommen das Hammerwerfen (nur 33,69 m bei einer Bestleistung von 40,04 m) und lag mit 130-400 (!) Punkten fast aussichtslos weit hinter der Konkurrenz. Es spricht für ihre Kämpferqualitäten, dass sie mit 12,18 m im Kugelstoßen Jahresbestleistung stieß und anschließend, bei jeweils nur drei Versuchen, auch mit dem Diskus noch sehr gute 37,29 m warf.

Nun kam ihre Paradedisziplin, das Speerwerfen. Bei nicht leistungsförderndem, starken Seitenwind, aber für sie idealen 32° Grad Außentemperatur schleuderte sie das elegante Wurfgerät auf die neue Jahresbestleistung von 44,03 m, womit sie der schockierten Konkurrenz bis zu 14 m abnehmen konnte. Sie hatte dabei gar noch ca. 1,5 m Weite beim Abwurf „verschenkt“. Das eilig errechnete Zwischenresultat sah sie nun sogar auf dem 2. Rang, und eine Medaille war plötzlich wieder in Reichweite. Nun kam aber die Problemdisziplin 9,08 kg-Gewichtwerfen, denn hierbei spielt neben einer guten Hammerwurftechnik natürlich auch die „Masse“ eine Rolle - und beides hatte sie ja bekanntlich nicht vorzuweisen (viele Zuschauer vermuten, da habe sich eine Hochspringerin versehentlich unter die Werfer gemischt, wenn die Teilnehmerinnen einmarschieren). Auch hier konnte sie aber durch Konzentration und Motivation eine bislang noch nicht bei großen Wettkämpfen erzielte Weite von 12,47 m vorlegen, an der sich die Gegnerinnen - eine fabrizierte übernervös 3 Fehlversuche, die andere, immerhin im vergangenen Jahr Europameisterin mit Rekordpunktzahl, für sie schwache 12,15 m. Hinter der unerreichbar starken Amerikanerin Onitheia Lewis und vor der amtierenden Europameisterin Carmen Grell hatte sie damit die schon nicht mehr erhoffte Silbermedaille erkämpft. Der schwache Hammerwurf war indes auch der Grund, weshalb sie mit ihren 4.067 Punkten den bestehenden Europarekord um ganze 5 Punkte verpasste.

Ihr Ehemann Dr. Rainer Anton, der im Frühjahr noch bei der Hallen-EM mit vorderen Plätzen aufgewartet hatte, musste sich bei diesem Saisonhöhepunkt mit der Betreuerrolle begnügen, denn ein Achillessehnenanriss drei Wochen vor der Abreise hatte alle Ambitionen zunichte gemacht, bei seiner ersten WM-Teilnahme im Zehnkampf, auf den beiden Hürdenstrecken und im Stabhochsprung um die Medaillen mit zu kämpfen. 

Für Angelika Anton stehen nun noch die Norddeutschen und die Deutschen Meisterschaften aus, zu denen sie nach diesen überragenden Leistungen mit berechtigten Titelambitionen reisen kann.